1998

Im Juli 1998 fand in Karlsruhe die Oberbürgermeisterwahl statt, bei der unser Umweltbürgermeister Ullrich Eidenmüller antrat. Um seine Basis zu verbreitern, hatte er sich von einem Bündnis „F.D.P.- Aufbruch für Karlsruhe“ als Kandidat aufstellen lassen. Unser Ortsverband organisierte in der Festhalle einen Ausspracheabend mit Vertretern der Durlacher Vereinen, der ihm die Gelegenheit bot, sich die Wünsche der Betroffenen anzuhören. Ein wichtiger Punkt für die Vereine waren die städtischen Abfallgebühren beim Altstadtfest. Eidenmüller schlug zur Reduzierung der Gebühren mehr Eigenleistung vor, wie z.B. Selbstabholung und Rücktransport der Abfallbehälter. Allgemein riet er Sportvereinen, neue Wege bei der Mitgliederwerbung zu gehen, insbesondere bei der Jugend auch Trendsportarten anzubieten, wie z.B. Kletterwände, Beachvolleyballfelder oder Halfpipes.
Eidenmüller erreichte im ersten Wahlgang 24 %, Salisch (SPD) bekam etwa 30 %, Fenrich (CDU) etwa 40 %. Somit kam es zu einem zweiten Wahlgang, bei dem erneut Fenrich die meisten Stimmen für sich gewinnen konnte und damit für die nächsten acht Jahre OB von Karlsruhe wurde. Eidenmüller bekam diesmal 23 % und war ohne echte Chance.
Am 27. September fand Bundestagswahl statt. Dr. Klaus Kinkel trat im Wahlkreis Karlsruhe an. Wir unterstützten ihn mit Ständen an den zwei Samstagen vor der Wahl. Kinkel konnte in Karlsruhe 14,3 % bei den Erststimmen erringen und damit das beste Resultat bundesweit. Auch mit 10,2 % bei den Zweitstimmen war der ‚Kinkel-Effekt‘ zu spüren, das Abschneiden war besser als der Landesdurchschnitt in Baden-Württemberg. Aber alles Positive vor Ort zählte letztlich nichts – Rot/Grün gewann die Wahl. Die F.D.P. konnte froh, dass sie wieder mit 6,2 % im Bundestag vertreten war – wenn auch jetzt in der Opposition. Neuer Außenminister in der Regierung Schröder wurde Joschka Fischer!
Am 1. April führten wir eine Diskussionsveranstaltung über Bildungsfragen mit ca. 15 Schulleitern und Vorsitzenden der Elternbeiräte im Nebenzimmer der Festhalle durch. Die BNN brachten danach einen Artikel mit der Überschrift „Spanisch als Fremdsprache erwünscht“. Spanisch als dritte Fremdsprache wünschte sich das Markgrafengymnasium (MGG), dies betonten sowohl der Schulleiter Dr. Oesterle als auch die Elternbeiratsvorsitzende Goos-Krieger. Leider hatte das Oberschulamt diesen Antrag abgelehnt, obwohl die Einführung dieses dritten Fremdsprachenzuges zu einer von dem Kultusministerium geforderten klareren Profilbildung beigetragen hätte. Später bat Prof. Rolf Funck den damaligen Wirtschaftsminister Dr. Döring in einem Brief um Unterstützung. Der Schulleiter der Gewerbeschule Bader forderte Verbesserungen bei der Schulwegbeleuchtung; wir versprachen, uns bei der städtischen Beleuchtungskommission für sein Anliegen einzusetzen. Ein Thema war auch der frühzeitigen Zugang zu den neuen Kommunikationsmitteln – deshalb wünschte er sich für die Gewerbeschule einen Computerraum. Das MGG nimmt an einem Schulversuch in Mathematik teil, bei dem beim Abitur der Computer benutzt werden darf. Kummermehr sagte spontan eine Spende von 650 DM zur Verschönerung der Grundschule Aue zu.

Weitere Themen zur Bildung waren im Jahr 1998 die von der Kultusministerin Schavan geplante Reform der gymnasialen Oberstufe, nämlich die verpflichtende Abiturprüfung in fünf anstelle von vier Fächern und die Abschaffung des Kurssystems. Dieser Vorstoß stieß weitgehend auf Ablehnung; auch Horst Dilger sprach sich in einem Lesebrief in die BNN dagegen aus. Die umtriebige Kultusministerin begann dann ab dem Schuljahr 1998/99 in 14 sogenannten ‚Turbogymnasien‘ mit der Einführung des achtjährigen Gymnasiums. Der Landeselternbeirat und der Philologenverband standen der Neuerung skeptisch gegenüber; die oppositionellen Grünen im Landtag warnten vor einem Zweiklassenabitur.
Am 20. Juni organisierte unser Ortsverband eine Besichtigung des Baden-Airparks südwestlich von Baden-Baden. Etwa 30 Personen nahmen an der Besichtigung des Flughafens und des umliegenden Geländes teil und wurden von dem Durlacher Mitglied Dr. Jürgen Morlok, dem Vorsitzenden der Baden-Airpark AG, begrüßt. Nach einer Rundfahrt auf dem Gelände schilderte Morlok die weiteren Ausbaupläne des ‚Gewerbeparks mit Regionalflughafen Söllingen‘. Es ist in den nächsten Jahren geplant, einen Autobahnanschluss und eine Anbindung an das Schienennetz zu erhalten. Der Flugplan soll außer Direktflügen zu Urlaubszielen in Griechenland, Italien, Spanien, Türkei und Tunesien auch Verbindungen zu europäischen Großstädten, wie z.B. Berlin, Wien oder auch Basel enthalten. Es war ein sehr informativer Tag und eine gute Werbung für den Flughafen.
Auch im Jahr 1998 hielten wir an jedem Dienstag vor der monatlichen Ortschaftsratssitzung unseren Stammtisch im ‚Adler‘ ab.
Diskutierte Themen waren:
Einrichtung einer Gartenwirtschaft von der ‚Traube‘ aus neben der Karlsburg. Das Schulamt lehnte ab; bei uns war die Meinung gespalten.
Angebot von OB Fenrich, den Ortsverwaltungen probeweise für zwei Jahre 30 DM/pro Einwohner aus dem Investitionshaushalt der Stadt zur eigenen Verwaltung zu bewilligen. Günther Malisius begrüßte den Vorschlag, weil damit das u.a. von ihm schon lange geforderte Haushaltsrecht für Durlach wenigstens ansatzweise erfüllt sei.
B-3-Umgehungsstraße Wolfartsweier. Es bestehen Einwände von der Spielvereinigung Aue und den Gemüsebauern. Wir im OV Durlach waren mehrheitlich für die Realisierung der Trasse in Autobahnnähe, die Stadtratsfraktion befürwortete nach der jahrzehntelangen Diskussion einmütig den Abschluss des Verfahrens und den Bau der Umgehungsstraße.
Bedarfshaltestelle Hubstraße. Wir in Durlach und in der Stadt unterstützten einen Aufforderung an die VBK, die Haltestelle zu erhalten.
Strategieplanung zur Mitgliederwerbung. Es wurde eine Bürgerbefragung unter dem Motto ‚Uns gibt es noch‘ als Happening vorgeschlagen, veranstaltet von jungen und älteren Mitgliedern. Die Veranstaltung kam mangels Beteiligung der jungen Mitglieder nicht zu Stande.
Verabschiedung einer Gesamtanlagensatzung nach Denkmalschutzgesetz. Wir befürworteten diesen geplanten Schutz für die Altstadt von Durlach.
Umwandlung des Pfaff-Areals. Es fand eine Bürgeranhörung zur weiteren Nutzung als Gewerbe-/Wohngebiet statt; dies wurde von uns positiv aufgenommen.
Die Sanierung des Kapellenplatzes im Bergfriedhof wurde auf Antrag von Willi Hauck durchgeführt.
Der Bebauungsplan für BMD-Areal wurde öffentlich ausgelegt. Auch hier soll ein Gewerbe-/Wohngebiet ausgewiesen werden; dies wird von uns begrüßt.
Intensive Diskussionen gab es um die Verkehrsführung und die Parkmöglichkeiten in der Durlacher Altstadt nach der Fertigstellung der Weiherhof-Tiefgarage. Unser Ortsverband sprach sich zusammen mit unserem Ortschaftsrat Willi Hauck und der F.D.P.-Gemeinderatsfraktion in einer Pressemitteilung gegen die Ausdehnung der Fußgängerzone vom Marktplatz bis zur Karlsburg und gegen den Durchbruch von Querspangen zwischen Zunft- und Rappenstraße sowie Amtshaus- und Marstallstraße aus. Zur Verbesserung der derzeitigen Parksituation schlugen wir vor, das Berliner Modell, der Kombination von Kurzzeitparken und Anwohnerparken, auf weitere Teile der Innenstadt auszudehnen.
Im Dezember richteten Horst Dilger und Günther Malisius einen offenen Brief an den städtischen Planungsamtschef Rudolf Schott bezüglich der Aufwertung des Umfelds des Durlacher Bahnhofs. Aus der Antwort war zu entnehmen, dass sich die Stadt nach der allgemeinen Ablehnung eines McDonalds-Drive-In in der stillgelegten Autoverladestation nur im Bereich der Haltestelle Auer Straße eine Verbesserung mit der Inbetriebnahme der Straßenbahn nach Wolfartsweier erhofft.
1998Unser Ortschaftsrat Willi Hauck, u.a. Ehrenkreisgärtnermeister, erhielt am 30. September durch Ministerin Gerda Staiblin den „Ehrenpreis des Landes“ für seine besonderen Verdienste um den ländlichen Raum verliehen. Nach vielen regionalen Ehrungen wurde nun auch auf Landesebene seine Leistung gewürdigt.
Der Arbeitskreis Senioren nahm mit Dilger, Fesenbeck, Hauck, Kummermehr und Reichert am Neujahrsempfang des OV Neureut teil. In Neureut werden die Senioren örtlich umfassend von einer Dame betreut, die der F.D.P. nahe steht. Es besteht vom Ortsverband Neureut zur Zeit kein Interesse, stadtweit aktiv zu werden.
Am 22.01.98 referierte der Kreisvorsitzende Obert vor 10 Zuhörern über die „Zukunft der Renten“. Er führte mit der geringen Geburtenrate von 1,69 Kinder pro gebärfähiger Frau und der immer größere Lebenserwartung von z. Zt. 79,6 Jahren bei Männern bzw. von 84,1 Jahren bei Frauen die bekannten grundsätzlichen Probleme unseres
Rentensystems an. Nach seiner Ansicht müsste sich Deutschland am schweizerischen System einer umlagenfinanzierten Grundrente orientieren, die mit einem Beitragssatz von 10 % ohne Einkommensgrenze für alle Erwerbstätige gilt – auch für Selbständigen. Die Grundrente liegt in der Schweiz zwischen 1000 Franken bis maximal 2000 Franken. Darüber hinaus sollte eine kapitalgedeckte Pensionsversicherung obligatorisch sein, die zur Hälfte vom Arbeitgeber finanziert wird. In der Diskussion wurde der Gedanke begrüßt, auch in Deutschland eine Grundrente oberhalb des Sozialhilfesatzes und schrittweise eine von der Bevölkerungsentwicklung unabhängigen kapitalgestützten Rente einzuführen.
Am 19.3.98 fand ein Informationsabend in dem von der Curatio Alten- und Pflegeheim GmbH geführten Anna-Walch-Haus statt. Der Geschäftsführer Kanter dieses Heimes führte leider nur wenige Mitglieder unseres Arbeitskreises durch das freundlich gestaltete und weiträumige Haus. Ein Schwerpunkt des Abends war seine Kritik an den bestehenden Pflegerichtlinien, die bis jetzt nur sehr wenig Leistungen für psychosoziale Kontakte vorsehen; diese sollten aber auch nach unserer Meinung unbedingt gleichrangig zu körperlichen Pflegeleistungen angesehen werden.
Am 26.5.98 referierte der stellvertretende Kreisvorsitzende, Rechtsanwalt Dieter Scholl, im Liberalen Zentrum über die persönliche Altersvorsorge. Wer unvermittelt nicht mehr in der Lage ist, seinen Lebensablauf selbst zu bestimmen, für den wird gerichtlich ein Betreuer bestellt. Rechtsanwalt Scholl führte aus, dass mit einer Altersvorsorgevollmacht alle Angelegenheiten, die Vermögen, Versicherungen und Renten betreffen, sowie die gerichtliche Vertretung, ärztliche Maßnahmen oder der Ort der Unterbringung festgelegt und notariell beurkundet werden können.

Diese Veranstaltung war nach einem halben Jahr die letzte Aktion im Rahmen des Arbeitskreises Senioren in Karlsruhe. Wir hatten gemerkt, dass es in der Altenpolitik derzeit keine großen Probleme vor Ort gibt. Das Angebot an Alten-/Pflegeheimen ist ausreichend. Die einzige Sorge älterer Menschen ist die zukünftige Rente, über die aber in Bonn entschieden wird. Menschen, die in ihrem seitherigen Leben nicht in Verbänden, Vereinen oder Parteien engagiert waren, werden es auch nicht im Alter sein. Wenn Senioren aktiv werden, dann in der Freizeitgestaltung.

Dies zeigt auch das in Durlach 1997 von Bernhard Harzer gegründete ‚Seniorenbüro‘. Diese Vereinigung sah sich als Kommunikationsstelle zur Freizeitgestaltung und hatte einen regen Zuspruchs mit fast hundert Interessenten. Unsere Ortsverbandsversammlung in Durlach beschloss am 09. Juni den städtischen ‚Arbeitskreis Liberaler Senioren‘, der sich mehr grundsätzlichen Altenproblemen widmen wollte, mangels Resonanz in Karlsruhe aufzulösen.
Dilger und Kummermehr sahen sich aber weiterhin als Ansprechpartner in Seniorenfragen an. Dies wurde dann am 20. Juli aktuell, als sie zusammen ins Studio BADENRADIO in der Kriegsstraße zu einer Livesendung zum Thema „Seniorentreff – Sind die Alten wahlentscheidend?“ eingeladen wurden. Sie wurden zusammen mit Vertretern der CDU und SPD von der Moderatorin zur Meinung der F.D.P. über die Seniorenpolitik und speziell zur Beeinflussung der OB-Wahl am nächsten Sonntag durch Senioren befragt.

Dr. Horst Dilger

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